Dürre und Segen, Gott und Götze

Dürre und Segen, Gott und Götze

Dürre und Segen, Gott und Götze

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Dürre und Segen, Gott und Götze

Jetzt hat es wieder viel zu viel geregnet. 200l Wasser pro Quadratmeter in wenigen Stunden - da werden unschuldige Bäche zu Bestien, die Menschen, Tiere und Häuser mitreißen. Und gleichzeitig ist es drei Spatenstiche tief, wo die Bäume ihr Wasser holen, vielerorts knochentrocken. Dürre breitet sich in unserem Land aus. Überschwemmungen, Sturmfluten und Wirbelstürme einerseits, Verwüstung, Versteppung und Hitzewellen andererseits bedrohen die Landwirtschaft, die Siedlungen, das Leben überall auf dem Planeten. Ob die offenkundigen Folgen des Klimawandels uns nun zur Einsicht bringen? Ob wir im Herbst entsprechend wählen?

Wir rechnen weder die Sturzfluten noch die Dürre Gott zu. Wir haben ein aufgeklärtes Weltbild. Die Meteorologen erklären uns, dass die Trockenheit in den letzten Sommern ebenso wie der Starkregen mit einem veränderten Jet-Stream in den höheren Luftschichten zusammenhängen. Durch Veränderungen in der globalen Wetterküche haben wir immer öfter über Wochen das gleiche Wetter. Und das liegt nicht an Gott, der ja nicht in den höheren Luftschichten wohnt. Das liegt an den Emissionen von Treibhausgasen aus unseren Heizungen, unseren Autos und Flugzeugen, unserem Fleischverbrauch.

Wobei ich „unser“ sage, aber gar nicht weiß, wie sehr Sie daran beteiligt sind? Vielleicht haben Sie ihren Lebensstil längst umgestellt? So ist es ja auch global gesehen: Diejenigen, die am wenigsten Schuld an der Katastrophe tragen, leiden am meisten darunter. Unsere Geschwister in Bangladesch, auf den Vanatu-Inseln, in Togo und Ghana müssen mit den Folgen des westlichen Über-Konsums zurechtkommen.

Auch mit den Folgen unserer falschen spirituellen Entscheidungen? Am Klimawandel hat nicht Gott Schuld. Es ist nicht seine Rache für unser geistliches Fehlverhalten. Aber vielleicht hat doch unser Götzendienst damit etwas zu tun? 

Wir kennen ja doch so einige Götter, denen wir huldigen. Die Mobilität, die viele für ein Menschenrecht halten: zu jeder Zeit an jeden Ort dieser Welt zu kommen. Wie viele Opfer bringen wir diesem Götzen - einmal abgesehen von den Klimafolgen? Oder die Religion des Konsumismus. Die Vorstellung, dass uns das, was wir kaufen, selig machen könnte. Dass wir erfüllt werden von dem, was wir aus dem Konsumtempel nach Hause tragen. Wenn wir unser Haus denn überhaupt noch verlassen, und nicht für das „sinnstiftende“ Shopping vielmehr den elektronischen Hausaltar verwenden. Religiöse Züge trägt auch der Kapitalismus, der - eine moderne Wandlung - angeblich aus den Todsünden von Geiz und Gier etwas Gutes schafft und Wohlstand für alle hervorbringt. In diesen Tagen zeigt sich gerade, dass das Ziel der UN, den Hunger in der Welt bis 2030 zu besiegen, nicht erreicht werden wird. In Afrika ist etwa jeder fünfte Mensch akut vom Hunger betroffen. Aber dem Fetisch Geld wird nach wie vor Verehrung entgegengebracht.

Oder die Gesundheit, die für viele ja doch das wichtigste ist. Wir wissen, dass Ärzte und Ärztinnen höchstens Halbgötter sind. Aber wir wünschen uns, dass sie wirkliche Götter wären, die uns von allem Übel erlösen. Oder wenigstens kompetente Priester der Gesundheitsreligion. 

Oder die Nation, für die auch nach zwei Weltkriegen immer noch viele bereit sind, ihr Leben oder das von andern zu opfern. Oder der Körperkult, oder die Anbetung heischenden Figuren der Unterhaltungsindustrie … 

Es sind eine Menge Götzen, denen wir huldigen. Denen wir Lieder singen und Opfer bringen, von denen wir uns alles erhoffen, denen wir blind gehorchen. Und indem wir uns diesen goldenen Stieren zuwenden, wenden wir uns von dem Gott Israels ab. Und indem wir uns von dem Gott Israels abwenden, verlieren wir die Ehrfurcht vor dem, was er geschaffen hat, vor unseren Mitmenschen und der Natur. Den Gott Israels respektieren wir doch genauso wenig wie das Recht unserer Nächsten oder der übrigen Schöpfung. Oder? Ist es so verkehrt, in den modernen Göttern den alten Gott Baal wieder zu erkennen?

Im ganzen antiken Orient wurden verschiedene Götter unter diesem Namen verehrt. Baal heißt auf Deutsch Herr, oder Meister, König - oder Gott. - Da kommt eine kleine Irritation auf. Sind das nicht die Namen des Gottes, von dem ich in der Bibel lese? Herr, Meister, König, Gott? (Johannes 13,13, Lukas 8,24)

Baal ist Kampf und Macht. Er ist der Gott der Stärke und sexuellen Potenz, der Vitalität und unwiderstehlichen Aggression. Baal ist der Gewittergott, der die Wolken „wie Kälber vor sich hertreibt“ und über Donner und Blitz verfügt. Er lässt es regnen, wann er will, aber er ist willkürlich und grausam. Deshalb muss man ihn mit Opfern gnädig stimmen. Auch in Israel opferten ihm manche ihre Kinder (Jeremia 19,5). Ihre Zukunft. In jedem Fall ihre Menschlichkeit und ihr Mitgefühl.

An diesen Baal hatte auch König Ahab sein Herz gehängt. Die Bibel versucht, ihn in Schutz zu nehmen: Es sei eigentlich gar nicht so sehr er als vielmehr seine Frau Isebel gewesen, die den Baals-Kult auf die Spitze getrieben habe (1. Könige 16,31). Isebel, eine Ausländerin, die Tochter des Königs von Sidon: Sie habe diesen Kult aus ihrer Heimat mitgebracht und Ahab eingeflüstert. Aber egal, wer von beiden verantwortlich ist: Sie bauen diesem Götzen Tempel. Diesem Menschenfresser.

Denn auch wenn der Gott Israels manche Ähnlichkeit mit Baal hat (Psalm 65) - grausame Dinge fordert unser Herr und Meister nicht. Der Gott von Abraham, Isaak und Jakob ist doch der, der Segen spendet. Es ist doch der Gott, der Israel aus der Sklaverei in Ägypten befreit hat. Es ist der Gott, der sagt: „Es ströme das Recht wie Wasser und die Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach.“ (Amos 5,24) Es ist doch der Gott, der eine Leidenschaft für die Menschen hat. Eine Mitleidenschaft.

Und weil also der Gott Israels und der Baal nicht gemeinsam gehen können, weil man nicht den Gott verehren kann, der aus Schwertern Pflugscharen schmiedet und zugleich den Gott, der auf die Durchschusskraft von Kanonen setzt - deshalb tritt jetzt Elija auf.  

Elija aus Tischbe in Gilead - von dem wir bisher nichts gehört haben, aber noch einiges hören werden - kündigte Ahab den Fluch an: „Es wird in diesen Jahren weder Tau noch Regen geben.“ (1. Könige 17, 1)

Und wieder denken wir: Das ist doch dem Baal zu verwechseln ähnlich! So wie der launische Götze aus Sidon mal den fruchtbringenden Regen spendet und ihn mal verweigert, so macht es der Gott Israels hier doch auch! Sind das die Eifersüchteleien eines beleidigten Provinzgottes - mit schrecklichen Folgen für alle, die von ihren Feldern leben müssen? 

Gott verweigert den Regen. Er schlüpft in die Rolle des Baal. Was der kann, kann der Gott Israels schon lange? Aber ist das nicht genau das, was wir von einem „richtigen“ Gott erwarten: Dass er kräftig eingreift ins Weltgeschehen? Dass er handfest und unmittelbar die Bösen straft und die Guten befördert? 

Gott macht sich zum Baal. Ist das noch der Gott, dem wir folgen? Ja, schlimmer noch, Gott schlüpft in die Rolle des Todesgottes. Denn wenn er jetzt eine Dürre verhängt, dann wird das vielfachen Tod zur Folge haben. Auch bei denen, die gar nicht beteiligt sind. Auch bei dem, der den Fluch nur auszurichten hatte, bei Elija. Denn natürlich wird Ahab diesem Unheilspropheten nachstellen. Ungestraft kritisiert man den König nicht. 

Aber nun - endlich, nachdem wir über den Gott im Baals-Pelz schon erschrocken waren - zeigt sich Gott von seiner anderen Seite. Wir können ein erstes Mal aufatmen, denn Nein: Gott ist nicht wie Baal! Jetzt präsentiert er sein wirkliches Wesen. Er sagt zu Elija: „Versteck dich am Bach Kerit! Aus dem Bach kannst du trinken. Den Raben habe ich befohlen, dich dort zu versorgen.“ (1. Könige 17,3)

Elija geht und setzt sich an den Bach Kerit. Morgens und abends bringen Raben ihm Brot und - mehr, als notwendig ist - Fleisch. Beim Fleisch könnte Elija skeptisch sein, denn Raben sind Aasfresser und gelten zu Recht als unrein. Aber Elija isst, was Gott ihm durch die schwarzen Engel schickt.

Endlich ist Gott in seiner richtigen Rolle. Er ist der Gott, der die Götzen durch seine Liebe und Fürsorge entthront, der sie durch seine Gerechtigkeit und Treue besiegt.

Brot und Fleisch bringen die Raben. Und trinken kann Elija aus dem Bach. Jedenfalls so lange der Wasser führt. Aber auch der Bach Kerit ist natürlich nicht das Paradies (1. Mose 2,10; Offenbarung 22,1). Der Bach trocknet aus. Und gibt damit dem Gott Israels ein zweites Mal Gelegenheit, sein wahres Wesen zu beweisen. Und warum man ihn den Schutz der Witwen und Waisen nennt (Psalm 146,9).

Nach Sarepta bei Sidon geht Elija, ins Herzland des Menschenfressers. Er begegnet einer Witwe. Einer Frau ohne Einkommen, ohne Sicherheit. Einem der ersten Opfer der Dürre. Sie liest gerade etwas Holz auf. Und als wolle er sie provozieren, sagt Elija zu dieser armen Frau: „Hol mir einen kleinen Krug mit Wasser. Ich möchte etwas trinken.“ (1. Könige 17,10) Dann ruft er ihr auch noch unverschämt nach: „Bring mir auch ein Stück Brot mit.“ 

Will Elija verhöhnen, die unter der Dürre am meisten leidet? Und machen wir uns klar: Auch diese Dürre ist eigentlich von Menschen gemacht, von der Respektlosigkeit des Ahab und der Isebel, ihrer Machtgier und die aller, die den beiden folgen. Auch dies ist ja keine Naturkatastrophe, sondern eine Katastrophe durch Größenwahn und unmenschliche Ignoranz.

Aber jetzt ist es genug. Die Witwe sagt: „Ich habe überhaupt keine Vorräte mehr. Nur noch eine Handvoll Mehl ist im Krug und etwas Öl in der Kanne. Ich wollte gerade ein paar Hölzchen sammeln, wieder heimgehen und etwas aus den Resten backen. Mein Sohn und ich wollten noch einmal etwas essen und danach sterben.«

Es steht alles auf dem Spiel. Was für ein Gott ist der Gott Israels? Eine Götze der Stärke und Selbstdurchsetzung, eine Popanz der Machtgeilheit und Aggression, ein pathologischer Narzisst, eifersüchtig und launisch? Oder ist Gott einer, der für Recht und Gerechtigkeit steht, für Barmherzigkeit und Mitleid, der die Liebe selbst ist und Liebe allen erweist, die sich an ihn halten? Wer ist der Gott Israels?

Elija gibt die Antwort. Er sagt: „Fürchte dich nicht! Geh nur und tu, was du gesagt hast. Aber mach zuerst für mich ein kleines Brot und bring es zu mir heraus. Danach kannst du für dich und deinem Sohn etwas backen. Denn so spricht der HERR, der Gott Israels: Der Mehlkrug wird nicht leer werden, und die Ölkanne wird nicht versiegen.“

Und so geschieht es. Eija, die Witwe, ihr Sohn - und wer weiß, wen sie sonst noch als Mitmenschen eingeladen haben ins Haus - werden satt. Geschützt und genährt von Gott, seinem Wort, seinem Brot.

Wir schieben das unverschämte Verhalten des Propheten mal beiseite. Wahrscheinlich soll es nur deutlich machen, wie übervoll die Liebe Gottes ist, auch wenn es um bescheidene Dinge geht: Mehl, Öl, etwas Wasser. Entscheidend ist doch, dass wir sicher werden, wer dieser Gott ist, mit dem wir es zu tun haben, der Vater von Jesus Christus.

Nicht ein Gott der toten Dinge, der Feinunzen und Aktiencharts, sondern ein Gott der lebendigen Menschen und all dessen, was sie bedürfen.

Nicht ein Gott der Härte, sondern ein Gott des Mitgefühls.

Nicht ein Gott, der flucht - denn das ist er eigentlich nicht, auch wenn er sich manchmal so verkleidet wie Baal. Der Gott Israels ist vielmehr einer, der uns frei macht von den Götzen, uns schützt vor dem Zugriff, den wir ihnen gewähren. Wir können durch die Gnade Gottes aufhören mit der Verehrung und Vermehrung von Macht und Geld, von Stärke und Nation. Diese Götzen nehmen uns die Ehrfrucht vor dem Leben, sie korrumpieren uns und führen uns immer wieder in die Katastrophe, auch in die Hochwasser- und Dürrekatastrophe. Wir können den Götzen den Dienst verweigern. Denn wir erkennen den Gott Israels, wie er sich uns zeigt. Er ist ein Gott, der segnet. Der seine Engel schickt. Ein Gott, der segnet sogar mitten in der Not.

Amen

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