Himmelsbrot

Himmelsbrot

Himmelsbrot

# Gottesdienste/Spirituelle Angebote

Himmelsbrot

Wovon werden wir satt? Was verbindet uns miteinander? Um solche Fragen geht es im 6. Kapitel des Johannesevangeliums.

Als die Leute nach einer langen Rede von Jesus hungrig sind, denkt einer der Jünger, Philippus, darüber nach, wie man für Nahrung sorgen könnte. „Wir müssten über 200 Silberstücke ausgeben, wenn wir für jeden auch nur ein wenig Brot kaufen wollten.“ Ein anderer, Andreas, zeigt auf ein Kind, das fünf Brote und zwei Fische dabei hat. Als Jesus dieses Wenige an alle austeilt, werden mehr als 5000 Menschen satt. Es bleiben sogar noch zwölf Körbe voll übrig.

Die Leute sind begeistert und wollen Jesus zu ihrem König machen. Aber Jesus weist das von sich. Er sagt: „Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, wird niemals wieder hungrig sein, und wer an mich glaubt, wird nie wieder Durst haben. Doch ich habe euch ja schon einmal gesagt: Ihr glaubt nicht an mich, obwohl ihr mich mit eigenen Augen seht.“ 

Im ganzen letzten Jahr haben wir nicht Abendmahl feiern können. Uns fehlt die leibliche und seelische Gemeinschaft. Aber ist es das, um was es sich handelt beim Abendmahl? Die Bedürfnisse unseres Leibes werden von dem bisschen Brot und dem kleinen Schluck Saft offenkundig nur in sehr geringem Maße befriedigt. Aber auch die seelische Gemeinschaft ist im Gottesdienst anders, als wir das vielleicht erwarten. Manche sind davon enttäuscht und wenden sich ab. Was geschieht hier wirklich?

Ich muss etwas ausholen. Wir haben einen Körper, der Nahrung braucht. Wir brauchen Wärme und Berührung, nicht nur im übertragenen Sinne. Gott hat uns als leibliche Menschen geschaffen und kennt und sorgt sich um das, was wir brauchen. Es ist gut so. 

Wir Menschen aber richten bei der Erfüllung unserer leiblichen Bedürfnisse immer wieder Unheil an. Wir neiden, stehlen, ziehen Exportschranken hoch und wirtschaften diese Welt zu Grunde. Deshalb zeigt uns Jesus eine andere Wirtschaft und teilt fünf Brote und zwei Fische aus und alle werden satt.

Wir sind von Natur aus auch seelische Menschen. Wir haben Wünsche und Vorstellungen, Interessen und Begierden. Wir wollen Anerkennung finden, unsere Welt gestalten und unsere Ziele verfolgen. Wir suchen Liebe und Gemeinschaft. Auch daran ist nichts Schlechtes. Aber wir Menschen ziehen auch bei der Erfüllung unserer psychischen Bedürfnisse oft eine Spur der Verwüstung hinter uns her. Denn auch dabei haben wir doch vor allem uns selbst im Blick: Ich will geliebt werden, ich will Anerkennung, ich will einen Platz in der Gemeinschaft. So wachsen die Erwartungen, so stellen wir Forderungen und machen die anderen zum Mittel unserer Zwecke. Oder, was die Gemeinschaft betrifft: Wir beschränken uns auf die, die uns sympathisch sind, die so aussehen und so sind wie wir. Jesus zeigt uns auch hier etwas anderes und teilt die fünf Brote und zwei Fische mit allen.

Wir leben leiblich und seelisch von Natur aus mit allen Freuden und allen Leiden, die das mit sich bringt. Im Moment steht eine schwerwiegende körperliche Krankheiten im Mittelpunkt - und ihre seelischen Folgen: Existenzangst, Einsamkeit, Unruhe, Depression. 

Aber es gibt noch etwas drittes, und das ist das geistliche Leben, die Verbindung mit Gott. Diese Verbindung stellen nicht wir mit unseren leiblichen Kräften oder seelischen Bemühungen her. Es ist Gott, der diese Verbindung aufbaut - man kann sie auch Glauben nennen. In dieser geistlichen Dimension unseres Lebens sind wir verbunden über alles hinweg, was uns sonst voneinander trennt, auch über Zeit und Raum hinaus. Wir dürfen uns nahe kommen - ganz ohne Abstandsregelung. Und erfahren Halt und Hoffnung, weil wir dazugehören, einfach so.

Die Gemeinschaft, in der Jesus unser Brot ist, ist nicht von leiblicher oder seelischer Natur.  Wir sind im Gottesdienst oder beim Abendmahl nicht verbunden, weil wir diese Nähe gesucht hätten, sondern weil Jesus uns ruft. Wir sind nicht zusammen, weil wir gut zusammen passen würden oder uns sympathisch finden - das tun wir oft genug nicht, ganz im Gegenteil, auch unter uns ist Gleichgültigkeit und Intoleranz - sondern weil Jesus uns zu seinem Leib zusammenfügt. In der geistlichen Gemeinschaft sind wir miteinander verbunden, weil Jesus Christus sich mit uns verbindet. 

Diese geistliche Gemeinschaft bezieht sich auf unsere leiblichen und seelischen Bedürfnisse und Nöte, aber sie geht darin nicht auf. Das Brot, das wir beim Abendmahl zu uns nehmen, ist eigentlich das Brot, von dem Jesus spricht: ein Himmelsbrot. Es ist: er selbst. Es ist die Gemeinschaft derer, die er berufen hat. Sein geistlicher Leib.

Um dieses Himmelsbrot zu genießen, um an Jesus Christus Anteil zu haben und mit ihm verbunden zu sein und dadurch auch mit den anderen, braucht es das materielle Brot nicht. „crede et manducasti“, sagt der Kirchenvater Augustin: „Glaube und du hast gegessen“. Wir könnten Abendmahl feiern auch ohne einen Krumen Brot, und nicht wenige Märtyrer haben das in ihrer Gefängniszelle auch so tun müssen. Und es braucht für das Abendmahl auch die seelische Gemeinschaft, das Gefühl des Aufgehoben- und Getragen-Seins, nicht. Vielleicht stehen solche Erwartungen an Freundschaft und Verbindlichkeit der geistlichen Gemeinschaft manchmal sogar eher im Wege, weil wir uns in unseren wechselhaften seelischen Regungen dann doch nur wieder um unsere Befindlichkeiten, unseren Gruppen-Status und die ganze psychische Dynamik kümmern. Was wir vor den leiblichen Augen haben: das Brot und die netten Leute – das kann uns täuschen. Wir sehen dann mit eigenen Augen - und glauben doch nicht. Wir meinen, dass das, was wir sehen schon alles sei: das Leibliche und das Seelische.

Jesus aber gibt uns mehr. Er gibt uns das wahre Brot. Das geistliche Brot, und das ist nicht von dieser Welt. Dafür macht es aber für immer satt.

Dies könnte Sie auch interessieren

0
Feed