Barmherzigkeit - das Bauchgefühl Gottes

Barmherzigkeit - das Bauchgefühl Gottes

Barmherzigkeit - das Bauchgefühl Gottes

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Barmherzigkeit - das Bauchgefühl Gottes

In jedem Gottesdienst bitten wir Gott um sein Erbarmen. Kyrie eleison, rufen wir: Herr, erbarme dich. Barmherzigkeit ist eine der wesentlichen Eigenschaften Gottes. „Barmherzig und gnädig ist der Herr, geduldig und von großer Güte“, heißt es vielfach in der Bibel.

Barmherzigkeit ist das Bauchgefühl Gottes. Die Worte, die in der Bibel dafür verwendet werden, beziehen sich auf das Innere des Menschen: auf die Eingeweide. Ganz genau: auf den Mutterschoß. Hier spürt Gott, was uns betrifft: unsere Sorgen, unsere Not, unsere Freude und unser Glück. Gott ist dem Menschen in mütterlicher Weise zugewandt. Er hat Mitleid mit uns, er leidet mit uns. Wo sollte man das deutlicher sehen als an Jesus Christus? Jesus, der die Menschen in ihrer Lage ansieht, der den Leidensweg ans Kreuz geht. Gott liebt uns aus dem Bauch heraus.

Weil die Barmherzigkeit ein Bauchgefühl ist, folgt sie keinem Kalkül. Sie fragt nicht: Was habe ich davon? Barmherzigkeit hat keine Nebenabsichten. Sie ist manchmal weder vernünftig noch durchdacht. Aber sie ist richtig.

So soll es mit unserer Barmherzigkeit sein. Das, was wir von Gott empfangen: Dass er uns sieht, wahrnimmt und mit uns fühlt, das können und sollen wir weiter schenken. Jesus sagt: „Seid barmherzig, wie euer Vater barmherzig ist.“ (Lukas 6,36). Das ist die Losung für das Jahr 2021.

Jetzt können wir eine urmenschliche Sehnsucht endlich einmal gefahrlos verwirklichen. Angefangen bei Adam und Eva, hat das Begehren, sein zu wollen wie Gott, oft für großen Schaden gesorgt. Aber hier, wo es um die Barmherzigkeit geht, können wir Gott guten Gewissens nachahmen. Dadurch werden wir nicht nur göttlicher – sondern auch menschlicher. 

Wir müssen uns dabei nicht einbilden, die Quelle zu sein. Wir können uns damit begnügen, wie eine Schale das, was sie empfängt, überfließen zu lassen. Das überfordert uns nicht. Im Gegenteil, es macht uns zufrieden und gelassen.

Die Botschaft der Barmherzigkeit ist das Mitgefühl. Mangelt es den Menschen daran heute mehr als früher? Bei Gewalttätern wie dem, der die Synagoge in Halle überfiel und zwei Menschen tötete, kann man das beobachten. Wir alle können dem fehlenden Einfühlungsvermögen etwas entgegensetzen. Dazu ruft uns Jesus auf: Seht hin! Lasst euch anrühren und aufstören vom Schicksal anderer! Lasst es euch wehtun, was den anderen weh tut – und vergesst nicht, euch mit ihnen zu freuen! So wie eine Mutter oder ein Vater mit ihren Kindern fühlt, so sollt ihr es machen.

Das ist eine Haltung, aber sie kann auch ganz konkrete Auswirkungen haben. Schon in der alten Kirche wurden im Anschluss an eine Stelle aus dem Matthäus Evangelium (Mt 25, 31-46) sieben Werke der Barmherzigkeit gezählt: Hungernde speisen, Dürstenden zu trinken geben, Fremde aufnehmen, Nackte kleiden, Kranke versorgen, Gefangene besuchen, Tote bestatten. Jedes dieser Werke hat eine aktuelle Bedeutung.

  • Wie viele Gemeinden haben auch wir in der Martin-Luther-Kirche keine Weihnachtsgottesdienste gefeiert. Wir dürfen aber gerade jetzt die Kollekte für Brot für die Welt nicht vergessen! - Kontonummer: DE10 10061006 0500 5005 00. 
  • Angesichts der weltweiten Konflikte um das Wasser bekommt die Aufgabe, Dürstenden zu trinken zu geben, eine ganz neue Wichtigkeit. 
  • Fremde aufzunehmen kann heute heißen: Ertrinkende aus dem Mittelmeer retten und Flüchtenden helfen. 
  • Nackte zu kleiden, das ist unsere Barmherzigkeit-Aufgabe für die, die in den Medien oder anderswo bloßgestellt werden. 
  • Wir erkennen immer deutlicher, dass die Versorgung von Kranken nicht nur eine Frage von medizinischer Technik und Impfstoffen ist, sondern eine Frage der Wahrnehmung und Achtung des ganzen Menschen. Gesundheit darf nicht zum Spielball wirtschaftlicher Interessen werden!
  • Gefangene zu besuchen, das können wir momentan so übersetzen, dass wir mit einem Gruß an der Haustür, mit einem Brief oder Telefonat zu denen Kontakt aufnehmen, die isoliert sind oder isoliert werden. 
  • Und schließlich: Als Kirche und als einzelne, die Jesus nachfolgen, haben wir in den Fragen der Selbstbestimmung am Lebensende und der würdevollen Bestattung einiges zu sagen - und zu tun.

Egoismus, Mitleidlosigkeit, Unbarmherzigkeit und Machtkalkül – das trägt nicht. Was uns im Leben trägt, das ist Barmherzigkeit. Wir sind getragen von der Barmherzigkeit Gottes. Wir können sie ganz leicht, einfach und froh weitergeben.

Pastor Klaus Kramer

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