In der Tiefe ist Wahrheit

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In der Tiefe ist Wahrheit

"Fahre hinaus, wo es tief ist, und werft eure Netze zum Fang aus!"

So ruft Jesus es einem Fischer und dessen Begleitern zu. Zuvor saß die Truppe deprimiert am Ufer und reinigte die Netze, die die ganze Nacht über nichts aus dem See gezogen hatten. Der Fischer ist nicht begeistert, aber er probiert es und fährt nochmal raus. Dann passiert das Wunder und die Netze sind so voll, dass sie fast reißen und gleich zwei Boote Mühe haben, den Fang an Land zu bringen. Da fällt der Fischer Jesus zu Füßen und lässt alles stehen und liegen, um ihm zu folgen.

"Fahre hinaus, wo es tief ist, und werft eure Netze zum Fang aus!"

Mit diesen Worten beruft Jesus seinen ersten Jünger. Das ist kein geringerer als Petrus! Petrus, der zum Gründervater der Kirche avancieren wird. Er fährt mit nichts als Fisch im Kopf raus und kommt mit nichts als Gott im Kopf wieder zurück. Wie das? Warum verändert es Petrus' Leben von Grund auf, dort gewesen zu sein, wo es tief ist?

Jesu Auftrag an Petrus will symbolisch verstanden werden: Hinter dem Verweis auf die "Tiefe" steckt ein sprachliches Bild. Es bedient sich unserer Wahrnehmung, wie wir den Raum um uns erleben, und drückt damit anschaulich aus, was unserem Gemüt entspringt und sonst vielleicht schwer in Worte zu fassen wäre. Etwa, wie wir über eine Person sagen können, stille Wasser seien tief. Für Petrus bedeutet das nun zweierlei: Die Tiefe, die er erreichen soll, ist das Gegenteil vom Flachen und das Gegenteil vom Hohen.

Jesus beauftragt Petrus, das flache, das seichte Wasser zu verlassen. Jeden Tag ist er als Fischer rausgefahren, aber nie dahin, wo es tief ist. Was Jesus von ihm verlangt, ist nicht alltäglich. Es kostet ihn dazu Überwindung, die sichere Uferzone zu verlassen: Wer die Tiefe ansteuert, der blickt automatisch auch Risiko und Gefahr entgegen. Denn in der Tiefe kann man nicht mehr stehen, der Boden unter den Füßen fehlt. Und der Weg zurück ans Ufer ist weit.

So wird es für Petrus auch keine vergnügliche Bootstour auf dem Weg dahin, wo es tief ist. Er erlebt keine Hoch-Zeit. Vielmehr bekommt er es mit der eigenen Angst zu tun. Er wird Zweifel erlebt haben: War es richtig, Jesus zu vertrauen? Und dabei vielleicht mein Leben aufs Spiel zu setzen? Vielleicht packt ihn sogar die Panik: Wie konnte ich mich überhaupt zu diesem Abenteuer überreden lassen? Kann ich meiner eigenen Entscheidung nicht mehr trauen? Was ist eigentlich die Grundlage der Entscheidungen meines Lebens? Petrus macht eine leidvolle Erfahrung – und leiden ist tief und nicht hoch.

Draußen auf dem See, wo es tief ist, muss Petrus aber noch eine gute Erfahrung gemacht haben. Sonst hätte er nach seiner Rückkehr sein Leben nicht so grundlegend geändert. Die Besonderheit dieser Situation da auf dem See und die Tiefe der Verunsicherung, die er erlebt, die öffnen Petrus' Sinn: Wo er sich eben noch fragen konnte, was überhaupt noch in seinem Leben zählt, findet er eine Antwort. In der Tiefe geht er dem Grund seines Daseins nach. Und findet etwas, das trägt. Er muss es gefunden haben, sonst wäre er Fischer geblieben – oder untergegangen.

Was er gefunden hat, ist nicht mit Leichtigkeit beherrschbar. Deswegen wird erzählt, dass die Netze beim Heben des Fanges fast reißen und dass die Boote auf der Rückfahrt beinahe unter ihrer Last gesunken wären. Es brauchte noch ein zweites Wort Jesu. Als Petrus nach seiner Erfahrung in der Tiefe zurück an Land ist, fällt er vor Jesus nieder und weiß nicht: Soll er ihn umarmen oder schamvoll verschwinden. Da spricht ihm Jesus sein göttliches "Fürchte dich nicht!" zu. Erst darauf hin steht für Petrus fest, dass er Jesus nachfolgen und ein Jünger werden will.

Gut möglich, dass Petrus draußen auf dem See Gott begegnet ist. Vielleicht ist es sogar recht wahrscheinlich so gewesen, schaut man auf die Karriere, die er als Jünger und Kirchenvater gemacht hat. Er hat Gott nicht im Seichten auf und ab der Tage gefunden und nicht in der Höhe der angenehmen Seiten des Lebens. Das ist viel verlangt für alle, die sich an ihm ein Beispiel nehmen wollen. Für Petrus selbst, war es viel verlangt. Aber Jesus ließ ihn nicht allein mit der Fahrt in die Tiefe, er gab ihm auch Mut, indem er ihn versicherte: Du brauchst dich nicht zu fürchten – Gott wird sich finden lassen!

Vikar Stefan Fippel

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