02/07/2024 0 Kommentare
Sieben Wege zu Gott
Sieben Wege zu Gott
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Sieben Wege zu Gott
Predigt bei den Konfirmationsgottesdiensten im Mai 2022 - Pastor Klaus Kramer
Das Schöne ist: Gott lässt sich finden.
Gott lässt sich finden in der Bibel und im Angesicht jedes notleidenden Menschen. Er lässt sich finden in der Natur und in der Kunst und Musik und wenn wir ganz still werden. Wir haben seine Verheißung: „Wenn ihr mich von ganzem Herzen sucht, dann will ich mich von euch finden lassen.“ (Jeremia 29,13-14)
Mit den Konfirmandinnen und Konfirmanden habe ich einige Weg untersucht, wie sich Gott finden lässt. Sechs Wege sind uns eingefallen - ein siebter kommt noch dazu.
Der erste: Lies in der Bibel.
Klar, da steht drin, wie das mit Gott ist. Allerdings: Menschen haben die Bibel geschrieben. Deshalb erzählt sie uns auch Widersprüchliches und Irritierendes. Sie spricht mit schwerer Zunge. Das macht das Lesen nicht leichter. Vielleicht ist es gut, zunächst mal dort anzufangen, wo man schon einen Pflock des Verständnisses eingeschlagen hat. Die Jugendlichen schlagen Geschichten vor, um von Gott aus der Bibel zu erfahren:
- die Geschichte von Adam und Eva und wie das Leben entstanden ist,
- die Geschichte von der Arche Noah, in der das Leben vor der Sintflut gerettet wurde,
- die Erzählung von Mose und wie er dem Volk Israel die zehn Gebote vermittelt hat,
- die Geschichte von Jona, der Gott nicht gehorchen wollte, der dann von einem Fisch verschluckt, aber nach drei Tagen auch wieder ausgespuckt wurde
- und aus dem Neuen Testament die Geschichte der Geburt von Jesus,
- die Geschichte, wie er gekreuzigt wurde
- und seine Auferstehung, die wir Ostern feiern.
Viele Geschichten, viele Worte, und manchmal brauchen wir lange, sie zu verstehen. Aber in den vielen Worten kommt doch immer wieder der Lebendige selbst zu Wort und spricht in unser Leben. Deshalb ist es ein sehr erfolgversprechender Vorschlag, auf dem Weg zu Gott die Bibel zu lesen.
Und das gilt besonders, wenn wir den zweiten Weg gehen: Lerne Jesus Christus kennen.
Von Gott soll man sich ja kein Bild machen. Aber im Neuen Testament wird Christus „das Ebenbild des unsichtbaren Gottes“ genannt(Kolosser 1,15). Wenn ich also Christus anschaue, weiß ich, wie Gott aussieht.
Damit ist natürlich kein gemaltes Bild gemeint. „Ebenbild des unsichtbaren Gottes“ bedeutet: Jesus steht für dieselben Werte, er hat dieselbe Vollmacht und das gleiche Wesen wie Gott. Dass Jesus „Sohn Gottes“ genannt wird, ist anderer Ausdruck dafür, dass wir in seinem Leben, Sterben und Auferstehen Gott erkennen können.
Lass die Geschichte von Jesus Christus in dein Herz und in deine Gedanken, dann lässt du Gott ein. Das ist sicher.
Etwas offener ist das bei der Kunst und Musik, der dritte Weg.
Es gibt da manchen Kitsch, der mehr von Sehnsucht als von Erfüllung spricht. Aber es gibt auch die Kunstwerke und Musikstücke, die uns im Innersten anrühren, uns bewegen und ergreifen. Wir sind hingerissen und beeindruckt, vielleicht sogar überwältigt, und das hat etwas mit der Begegnung mit Gott zu tun. Es kommt nicht von ungefähr, dass Künstler und Künstlerinnen immer wieder versucht haben, den unsichtbaren Gott ins Bild zu bringen und dessen unhörbare Stimme in Musik zu fassen. Und manchmal ist es so, dass uns ein Licht aufgeht, wenn wir ein Bild sehen, ein Licht, in dem wir Gott erkennen. Oder dass uns eine Tür aufgeschlossen wird, wenn wir eine Musik hören, eine Tür zu Gott.
Viele begeben sich auch auf der Suche nach Gott nach draußen. Der vierte Weg heißt: Finde Spuren Gottes in der Natur.
Der Schöpfer hat durch sein Wort und seine Tat alles, vom Größten bis zum Kleinsten, wunderbar geschaffen. Das bringt uns zum Staunen. Eine Konfirmandin hat geschrieben:
Ich staune über die Entstehung der Gletscherhöhlen. Und über die Schneeflocken, wenn sie vom Himmel fallen. Ich staune darüber, wie sich Tiere und Pflanzen den extremen Situationen in Wüsten oder an den Polen anpassen können. Ich staune darüber, dass Tiere die Wetterextreme vorher spüren können. Und über den Mond und sein Licht staune ich auch.
Wir können in der Natur zwar nicht Gott selbst erkennen; er ist der Schöpfer, nicht das Geschöpf. Aber seine „Handschrift“ ist darin lesbar. Um das Buch der Natur und alles, was Gott da hineingeschrieben hat, zu lesen, gehst du vielleicht in einen Wald oder auf einen Berggipfel. Vielleicht setzt du dich bei Nacht an einen See, weil du dort spürst, wie ruhig und beruhigend alles sein kann. Oder auf einen Spielplatz, weil du dort die Freude selbst erlebst. Vielleicht schaust Du auch deinen Bauchnabel an, denn du selbst bist ja Teil dieses großen Wunders, und ganz staunenswert geschaffen (Psalm 139, 14).
Noch ein Weg: Hilf einem Bedürftigen.
Jesus hat gesagt, dass er uns in denen gegenübertritt, die auf unserer Hilfe angewiesen sind (Matthäus 25). Blicken wir also in das Gesicht eines Menschen, dem wir helfen, dann sehen wir Gott. Die Tradition zählt sieben „Werke der Barmherzigkeit“. Konfirmanden haben sie aktualisiert. Sie schreiben:
- Jeder Mensch braucht Essen und sauberes Wasser, um zu überleben. Aber nicht jeder kann sich das leisten.
- Barmherzig ist es, Gäste aufzunehmen. Das können jetzt z. B. Flüchtlinge aus der Ukraine oder anderen Ländern sein. Sie brauchen eine Unterkunft zum Schlafen und Rasten. Aber auch Kleidung und andere Dinge.
- Wenn man alt oder krank wird, ist man auf andere Menschen angewiesen. Man sollte jede Person pflegen, die Hilfe braucht, egal, ob man sie mag oder nicht.
- Das gilt auch für Menschen, die im Gefängnis sind. Man sollte sie trotzdem besuchen, weil jeder in der Situation sich das wünschen würde.
- Es sollte auch jede Person, die gestorben ist, bestattet werden. Aus Respekt, aber auch um sie zu würdigen. So kann man auch gut Abschied nehmen.
Die Notleidenden, in denen uns Gott begegnet, sind nicht immer die, die wir gerne mögen oder sympathisch finden. Aber es sind unsere Nächsten. Wir sollten Zeit und Mittel finden, für sie da zu sein und ihre Not zu lindern. Und dann erleben wir ganz sicher Gott.
Der sechste Weg ist für mich der spannendste.
Sei still. Bete.
Es geht darum, dieses sanfte Säuseln zu erleben, in dem Gott sich dem Propheten Elia gezeigt hat (1 Könige 19).
Stille ist erstaunlich schwer auszuhalten. Wenn wir es einmal versuchen, merken wir, wie oft wir uns zudröhnen. Und das sanfte Säuseln Gottes verpassen. Um still zu werden, muss man üben. Am Anfang wird man vielleicht abgelenkt durch Geräusche, die von außen kommen. Oder durch die inneren Stimmen und Gedanken. Je mehr man aber lernt, loszulassen, desto mehr sinkt man in die Stille hinein. Man wird immer mehr absichtslos. Immer langsamer und leichter und immer freier. Und dann ist das Still-Sein keine Quälerei mehr, sondern ein Glück.
Und so ähnlich ist es mit dem Gebet. Auch das sollte man üben. Menschen, die es regelmäßig tun, sprechen davon, dass sie im Gebet ganz klar werden. Man tut nichts und lässt alles los und überlässt es Gott. Und das empfinden manche dann als Wegweisung oder Antwort von Gott. Egal wie man es macht: im Gebet und in der Stille erlebt man ganz sicher Gott.
Oder auch in Kunst und Musik, oder wenn man sich mit der Bibel beschäftigt. Oder wenn man Jesus Christus kennen lernt, oder nach Spuren Gottes in der Natur sucht. Oder wenn man bedürftigen Menschen hilft. Es gibt so viele Wege zu Gott, mehr als diese sechs.
Von einem siebten will ich noch sprechen. Das ist der Weg Gottes zu uns. Denn bei all unseren Bemühungen bleibt es doch so, dass Gott sich nicht erzwingen lässt. So wenig ich Gott beweisen sein, so wenig habe ich eine Methode, mit der ich Gott zwingen kann, sich zu zeigen. Gott ist frei. Gott ist die Freiheit selbst, sein Geist weht, wo er will (2. Kor 3,17 vgl. Joh 3,8).
Weil Gott aber zugleich die Liebe ist (1. Joh 3,16), hat er versprochen, sich zu zeigen. Vielleicht nicht in der Weise, wie ich es erwarte. Vielleicht zerstört die Erscheinung Gottes sogar das Bild, das ich mir von Gott gemacht hatte. Aber das ist gut so, denn ich will es ja nicht mit meinem Bild von Gott zu tun bekommen, sondern mit dem lebendigen Gott selbst. Auch, wenn das manchmal etwas gefährlich ist. Vor allem für meine Vorurteile.
Viele Weg können wir beschreiten, um zu Gott zu kommen. Ein wenig Offenheit und Neugier und etwas von der Lebenszeit, die Gott geschenkt hat, reichen dafür. Wir haben sein Versprechen: Er wird sich finden lassen. Es gelingt.
Pastor Klaus Kramer
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