Wie soll die Kirche geleitet werden?

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# Gottesdienste/Spirituelle Angebote

Wie soll die Kirche geleitet werden?

Im Herbst dieses Jahres wählen wir in unserer Gemeinde einen neuen Konvent. 40 Plätze sind im Gemeindeparlament zu vergeben. Der Konvent entscheidet über die großen Linien unserer Arbeit, z. B. über den Haushalt, und er wählt den Kirchenvorstand, das ist sozusagen die Regierung. Auf dem Weg zu dieser Wahl im November begegnet uns heute eine Ostergeschichte, ein Gespräch aus dem Johannes-Evangelium.

Zuvor hat sich ein ermutigendes Wunder ereignet. Petrus und einige von den anderen Jüngern waren nach Karfreitag in ihre Heimatorte am See und in ihre ursprünglichen Berufe als Fischer zurückgekehrt. Aber nach dem Scheitern mit Jesus waren sie jetzt auch hier erfolglos. In dieser Nacht haben sie nichts gefangen. Da tritt einer ans Ufer und fragt sie, was doch offensichtlich ist: „Habt ihr nichts gefangen?“
„Nein, nichts. Es ist alles vergeblich.“
„Dann werft das Netz noch mal zur rechten Seite aus“, sagt er.
Und sie tun es und fangen eine gewaltige Menge Fische, eine genaue Zählung ergibt hinterher die Zahl von 153. Und als die verblüfften Männer mit ihrem Riesenfang ans Ufer zurückrudern, brennt da schon ein Feuer, und es gibt Brot und Fisch, ein alternatives Abendmahl. Sie setzen sich zu Jesus, denn um ihn handelt es sich natürlich bei dem Fremden. Und sie halten mit ihm das Mahl, wie sie es ja von ihm kennen.
Als sie gegessen haben, sagt Jesus zu Simon Petrus: „Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich mehr als irgendein anderer hier?“
Er antwortet ihm: „Ja, Herr, du weißt, dass ich dich lieb habe.“
Da sagt Jesus zu ihm: „Führe meine Lämmer zur Weide!“
Das geschieht noch ein zweites und drittes Mal, so dass Petrus schon anfängt, zu verzweifeln: Glaubt Jesus ihm nicht? Aber jedes Mal gibt Jesus dem Petrus auch diesen Auftrag, immer ein bisschen anders: „Hüte meine Schafe!“, „Führe meine Schafe zur Weide!“ (Johannes 21,15-17)

Es geht also um den Gemeindehirten Petrus.  Deshalb kann uns diese Geschichte vielleicht einige Hinweise geben zu der Frage: Wie soll Kirche geleitet werden?

Sie haben dazu sicherlich auch Vorstellungen. Was denken Sie, in welcher Weise unsere Gemeinde geleitet werden soll? Welche Maßstäbe, welche Prinzipien sollen gelten? Woran orientieren wir uns? Unsere Gemeindeordnung gibt ein stabiles Gerüst vor. Wie füllen wir es mit Leben?

Einen Gesichtspunkt will ich aus der Petrus-Geschichte beisteuern: Gemeindeleitung ist etwas für Leute, die eine zweite oder dritte oder vierte Chance haben.

Petrus ist derjenige Jünger, der oft mit Begeisterung vorangeht, der die richtige Idee hat, Einsicht, Weisheit. Aber es gibt eben auch Stellen, an denen er daneben liegt. Dazu gehört die Nacht, in der Jesus verraten wurde. Als es darum ging, sich zu Jesus und seinen Werten zu bekennen, da verlässt Petrus der Mut. Er leugnet, Jesus zu kennen. Auch diese Geschichte spielt übrigens an einem Feuer. Dreimal sagt Petrus: „Ich kenne diesen Menschen nicht.“ (Johannes 18, 15-27) Deshalb fragt ihn Jesus jetzt auch dreimal: „Hast du mich lieb?“ Er erinnert Petrus an sein Scheitern.

Wenn man eine Funktion in der Kirchengemeinde übernimmt, kommen Herausforderungen und Konflikte auf einen zu, die man am Anfang manchmal kaum überschaut. Da gibt es Dinge, die schmerzhaft sind und das eigene Gewissen anrühren. Für die Gemeindeleitung braucht man einerseits ein dickes Fell. Und andererseits Sensibilität, dass man darin Mensch bleibt. Das bedeutet manchmal: ratlos sein und doch entscheiden müssen. In solche schwierigen Situationen kann einen dieses Amt führen.

Aber das ändert nichts an der Liebe. Dreimal gibt Jesus dem Petrus den Auftrag, für die Gemeinde zu sorgen. Dreimal mit etwas unterschiedlichen Worten: Es liegt nicht endgültig fest, wie die Gemeinde genau geleitet werden soll. Aber dass Petrus – gerade er mit seiner Geschichte, in seiner Größe und mit seinem Scheitern – diesen Auftrag erhält, das ist so wichtig, dass es dreimal bekräftigt wird.

Das soll eine Ermutigung sein, das Amt der Gemeindeleitung beherzt anzunehmen.

Es kann und wird darin nicht alles glatt gehen. Man wird immer wieder mit den Menschen, für die man Verantwortung trägt, in Konflikt geraten. Die eigenen Maßstäbe werden auf die Probe gestellt. Es gibt Krisen, mehr als eine, und manchmal verlässt einen der Mut.

Aber es bleibt der dreifache Auftrag von Jesus an Petrus und an alle, die in seine Fußstapfen treten: „Weide meine Schafe“. Und wem Jesus einen Auftrag gibt, dem gibt er auch seine Liebe.

Pastor Klaus Kramer

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